Die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) wurde in den 1980-iger Jahren in der Medizin zur Behandlung von Nierensteinen eingeführt. In den folgenden Jahren wurden weitere Möglichkeiten für den Einsatz in der Medizin entwickelt. Während bei der Nierensteinzertrümmerung (ESWL = extrakorporale Stoßwellen-Lithotripsie) die Schallwellen so gebündelt (fokussiert) werden, dass höchste Energien in tiefe Körperregionen appliziert werden, um Nierensteine zu zertrümmern, können mit weniger hohen Energien durch die ESWT (low-intensity ESWT) biologische Effekte an menschlichem Gewebe ausgelöst werden. Die ESWT kann auf diese Weise im menschlichen Gewebe Wachstumsfaktoren freisetzen. Diese freigesetzten Wachstumsfaktoren können dann wiederum die Gefäßneubildung (Neoangionese) im Gewebe auslösen und führen so zu einer verbesserten Blutversorgung im behandelten Bereich.
Auf Zellebene wandern so die Ultraschallwellen mit ähnlicher Geschwindigkeit durch menschliches Gewebe wie durch Wasser. Dabei werden einzelne, extrem kurze, 1 µsec dauernde Druckspitzen-Impulse mit einer Amplitude von bis zu 100MPa gesetzt, die von längeren Impulsen mit geringer Amplitude gefolgt werden (1). Dadurch können Schallwellen eine Kavitationseffekt innerhalb und außerhalb von Zellen auslösen, was wiederum zu lokalisiertem Stress und Scherkräften an Zellmembranen führt (2). Diese biologischen Effekte führen zur Gefäßneubildung, wie in-vitro und in vivo-Untersuchungen am Herzmuskel (3) nachweisen konnten. Aber nicht nur am Herzmuskel führt der Effekt der ESWT zu einer Gefäßneubildung und damit zu einer verbesserten Blutversorgung. Auch bei muskulo-skelettalen Erkrankungen (4), nicht heilenden Wunden (5) und bei Erektionsstörungen (6) kann dieser Effekt der low intensity ESWT (li-ESWT) erreicht werden. Inzwischen sind die Indikationen erweitert worden auf die Induratio penis plastica (IPP), auf das chronische Beckenbodenschmerzsyndrom (CPPS) und auf die interstitielle Cystitis (IC).
(1) Apfel RE. Acoustic cavitation: a possible consequence of biomedical uses of ultrasound. Br J Cancer. 1982;45(suppl):140 –146.
(2) Maisonhaute E, Prado C, White PC, et al. Surface acoustic cavitation understood via nanosecond electrochemistry, part III: shear stress in ultrasonic cleaning. Ultrason Sonochem. 2002;9:297–303.
(3) ]Becker M, Goetzenich A, Roehl AB, et al. Myocardial effects of local shock wave therapy in a Langendorff model. Ultrasonics 2014;54:131–6.
(4) ] Hazan-Molina H, Reznick AZ, Kaufman H, Aizenbud D. Periodontal cytokines profile under orthodontic force and extracorporeal shock wave stimuli in a rat model. J Periodontal Res 2015;50:389–96.
(5) ] Hayashi D, Kawakami K, Ito K, et al. Low-energy extracorporeal shock wave therapy enhances skin wound healing in diabetic mice: a critical role of endothelial nitric oxide synthase. Wound Repair Regen 2012;20:887–95.
(6) ] Abu-Ghanem Y, Kitrey ND, Gruenwald I, Appel B, Vardi Y. Penile low-intensity shock wave therapy: a promising novel modality for erectile dysfunction. Korean J Urol 2014;55:295–9.